Brief an Alain

 

Berset



Hape


Lieber Alain

 

Du schreibst, dass du die Fenster im Büro geputzt hast, zum ersten Mal mit diesem Kärcher Fensterreiniger, der das Wasser nicht nur abzieht sondern auch aufsaugt. Du warst ja skeptisch, schon wieder ein Elektrogerät hast du gesagt, schon wieder eine Batterie, die es aufzuladen gilt. Darum bin ich froh, dass dich das Resultat überzeugt. All dieses Wischen mit alten Zeitungen und dem Wasserlappen war ja auf die Dauer nicht mehr vertretbar, immerhin bist du Bundesrat, und man begann auf den Korridoren der Gesundheitsbehörde schon zu munkeln: Sonst ist er ja fortschrittlich eingestellt, trägt einen modischen Hut, aber wenn es ums Fensterputzen geht, ist er noch aus dem vorigen Jahrhundert. Aber abgesehen davon; ich finde es auf jeden Fall lobenswert, dass du mit dem Fensterputzen dazu beiträgst, den Bundeshaushalt zu entlassen.


Hape


Du schreibst auch, dass du dich mit dem Gedanken trägst, für deine Privatkorrespondenz die Schriftart zu wechseln. Times, da stimme ich dir zu, ist ein Tick zu verbreitet, sie widerspiegelt auch nicht unbedingt deinen Charakter. Natürlich, da gebe ich dir recht, man beginnt in der Jugend ziemlich sorglos und probiert allerlei Schriftarten aus, ohne viel darüber nachzudenken, und schon hat man sich an eine gewöhnt. Aber nach und nach merkt man dann doch, dass die Schrift vieles aussagt über einen selber, ob es nun Century Gothic oder Baskerville ist. Nicht jede Schrift passt zu jedem und dann kommt es ja auch darauf an, worüber man schreibt und für welche Leser. Nun könnte man meinen, ein Bundesrat müsste von vorneherein Helvetica wählen, von der es ja jetzt die Neue Helvetica gibt mit ganz unterschiedlichen Schriftbreiten. Aber ich denke, das ist heutzutage nicht mehr so, auch Bundesräte können heute nach ihrem Gusto aussuchen. Aber eben, es kann auch zur Qual werden. Ich denke, wenn ich dein Gesicht und deinen Kopf mit und ohne Hut betrachte, würde wohl die Schrift Optima ganz gut zu dir passen. Sie ist offen, macht einen fortschrittlichen Eindruck, ist nicht verbohrt und für den Leser gut verdaulich. Also probiers doch mal mit Optima, und dann schauen wir weiter. 


Hape


So jetzt bringe ich noch die Küche in Ordnung und entsorge, wie man so schön sagt, den Abfall. Ist der Abfall entsorgt, hat man eine Sorge weniger. Ich weiss nicht, ob ich dir das schon erzählt habe, aber wir haben hier ja seit einigen Wochen einen Untergrundcontainer. Ist sehr praktisch, ich kann jetzt den Abfall rausbringen, wann immer ich will. Vorher musste man aufpassen, dass man ihn nicht zu früh rausstellte, damit die Katzen oder Hunde oder Krähen die Säcke nicht zerrissen, du kennst ja das Problem. Jetzt verschwinden die Säcke unter der Erde, das Einzige was noch ein bisschen stört, ist der Geruch, wenn es warm ist, oder der Container lange nicht geleert wird.

Na ja, etwas ist immer, das weisst du als Gesundheitsminister am besten.

 

Alles Gute

Leo